2017Alain MuellerComment

Westbound

2017Alain MuellerComment
Westbound

Wie im vorhergehenden Post erwähnt werden die nächsten Tag etwas entspannter. Baden und Chillen steht auf dem Programm.

Im Pinon Flat Campground frühstücken wir noch ausgiebig, geniessen noch einen letzten Blick auf das Dünenfeld und machen uns auf den Weg in Richtung New Mexico. Ausser für Oli ein neuer Bundesstaat - also Neuland. In Alamosa, einem Städtchen mit deutlich mexikanischem Einschlag stocken wir unsere Wasser- und Essensvorräte auf.

Wir fahren weiter in den Süden über Antonito, durch den Rio Grande National Forest und über Chama. Ein Gebiet, welches bekannt für seine alte Eisenbahn-Tradition ist. Hier trifft man auf die urigste Gleisstrecke des US-Westens: die Cumbres-Toltec Railroad. Einmal pro Tag von Mai bis Oktober zuckeln hier Dampfloks mit etwa 15 Meilen pro Stunde zwischen Antonito und Chama durch die Toltec-Schlucht über den bewaldeten Cumbres-Pass.

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Da wir nicht

die grossen Eisenbahn-Fans sind, nutzen wir die Gelegenheit nur für einen kurzen Tank-Stopp und düsen zu unserem Etappen-Ziel: Heron State Park am gleichnamigen Heron Lake. Der Campground ist ein "First-Come-First-Serve“, kostet mit State Park Eintritt nur $ 10.00 Dollars und wir haben den Platz ganz für uns alleine. Leider spielt das Wetter bei unserer Ankunft nicht mit. Es regnet waagrecht, es weht ein stürmischer Wind und die Temperatur sinkt unter die „Shorts & T-Shirt“-Grenze. Der böeige Wind treibt die Gewitterfront aber bald weiter und deshalb können wir am Abend trotzdem Grillen und draussen sitzen.

Ausgeschlafen und mit von Pancakes, Bacon und Eggs Sunny side up gefüllten Mägen führt unser Weg immer noch weiter gen Süden. Die Fahrt ist nur kurz, um die 70 Meilen. Doch nichts desto trotz führt uns die Strasse an schönen und farbigen Felsformationen entlang, gibt uns Aus- und Einblicke über Prärien und Schluchten. Kurz nach dem Mittag kommen wir am Abiquiu Lake im Abiquiu Campground an. Der Staudamm und der Zeltplatz wird von der US-Army unterhalten. Es ist alles in Schuss und die Anlagen gut gepflegt. Wir  beziehen unsere Sites und werden vom Campground-Host darauf aufmerksam gemacht: „This is a „No-Alcohol-Facility“. Oh, oh… mit Wasser lässt sich schwer aperölen 😜 Aber das ist uns im Moment egal. Wir wollen nur noch an den See. Bevor wir aber an den Strand können, befreien wir unsere Camping-Ausrüstung vom Sand der Dünen. Zelt aufstellen, Schlafmatten ausrollen und kurz mit dem „Sauger“ drüber. Den restlichen Nachmittag entspannen wir dann aber am Ufer des Sees und im kühlen Nass.

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Der kleine Hunger

treibt uns gegen den frühen Abend zurück zu unseren Campern und das Alkohlverbot lässt uns kreativ werden. Oli kommt plötzlich mit einer Tasse aus dem Camper. Wegen seiner „Erkältung“ muss er Tee trinken - Hopfentee. Am Schluss sitzen wir alle am Tisch mit Bechern und Tassen mit Bier drin und der Rotwein beim Abendessen wird aus dem Zahnglas getrunken. Wir sind schon eine versoffene Bande 🙈😂

Nicht weit von uns entfernt - noch weiter im Süden - befindet sich Los Alamos. Einstmals eine geheime Stadt in der Wildnis. Hier wurden die ersten Atombomben entwickelt, welche im 2. Weltkrieg zum Einsatz kamen. Doch unser Weg knickt nun gegen Westen ab. Die Strasse #550 führt uns über eine Ebene, welche eine unwirkliche Mondlandschaft bereit halten würde. Leider sind die Bisti Badlands nur mit High-Clearance und 4WD befahrbar und auch das nur bei trockenen Verhältnissen. Also tuckern wir mit unseren Ungetümen durch die ansonsten langweilige Prärie und peilen unsere heutige Tagesetappe an: Navajo Lake State Park. Unsere reservierten Plätze haben Strom- und Wasseranschluss und einen wunderbaren Ausblick über den Stausee. Es ist heiss, also stürzen wir in unsere Badesachen und geniessen das schöne Wetter am See.

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Der Labor Day

steht bevor. Das merken wir deutlich. Viele Amerikaner nutzen die Gelegenheit, nochmals ihre gesamte Outdoor- und Recreational-Ausrüstung zu präsentieren. Da kommt einiges zusammen: zuerst einmal braucht man einen PIck-Up-Truck, da hängt ein 5th-Wheeler dran (ein Campinganhänger) und dann kommt noch ein SUV mit irgendeinem Wasserspielzeug daher - meistens ein Boot oder Jetskis. In einigen Fällen zieht aber auch ein riesen Schiff von einem Camper-Bus ein PKW hinter sich her. Man will ja mobil bleiben… Amerikanische Lifestyle in seiner reinsten Kultur.

Der Alkohol darf wieder in seinen Original-Gefässen konsumiert werden und der Abend klingt gemütlich aus.

Langsam kommen wir wieder in bekanntere Gefilde. Doch bevor wir den Goosenecks State Park ansteuern, muss Murielle noch ihre Linsen besorgen. Was als leichtes Unterfangen geplant war, stellt sich als richtige Herkules-Aufgabe heraus. Sie musste sich von ihrem Schweizer Optiker ein Rezept per Mail schicken lassen. Doch dem nicht genug. Im Vision Center des Walmarts in Farmington wollen sie das Rezept in Papier- oder E-Mail-Form. Das Dumme ist nur: die Filiale verfügt über keine E-Mail-Adresse und scheinbar haben sie auch kein Internet. Also müssen wir das Rezept faxen. Murielle’s spitze Bemerkung „I can’t believe it, this is the 21st century, nobody uses fax anymore!“ hilft da wenig weiter sondern führt nur dazu, dass die Stimmung der - gelinde ausgedrückt - nicht gerade vor Charme sprühenden Bedienung noch etwas in den Keller sinkt. Die zwei Technik-Nerds, Murielle und Alain, watscheln gezwungenermassen zurück zu den WoMo's und über die Fax-Funktion von Bluewin senden wir im Zeitalter von Smartphones, Drohnen, GPS und Glasfaser-Technologie tatsächlich noch einen Fax. Just unbelievable!!!! Der Fax kommt problemlos an, doch leider hat das Optiker-Center die Linsen nicht an Lager. Gütigerweise telefoniert die Angestellte aber die gesamten Brillengeschäfte der Stadt ab.

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Beim letzten

haben wir Glück und die gewünschten Linsen sind verfügbar. Jenny und Oli haben sich in der Zwischenzeit um die Einkäufe gekümmert. Um Zeit zu sparen, entscheiden wir uns, dass Oli und Murielle alleine zum Optiker fahren. Er liegt ein gutes Stück zurück, wir sind sogar daran vorbei gefahren. Jenny und Alain schliessen den Einkauf ab und begeben sich also solo auf die Weiterfahrt.

Unser Treffpunkt ist das Four Corners National Monument. Hier kommen vier Grenzen der US-Bundesstaaten Colorado, Utah, New Mexico und Arizona zusammen. Wieder vereint nehmen wir die letzten Meilen der heutigen Strecke unter die Räder und fahren bei tiefstehender Sonne dem Monument Valley und dem Valley of the Gods entgegen. Fast ein bisschen wie lonesome Cowboys. Genau vor dem Sonnenuntergang fahren wir in den Goosenecks State Park ein. Hoch über dem Colorado-River stehen genau drei weitere Camper und ein Zelt. Und wie schon im 2014 wird es eine sternenklare Nacht in der Einsamkeit.

Die letzten Tage haben uns gut getan: ausspannen, baden, so richtig in den Ferien ankommen. Ausserdem konnten wir uns an die Höhe gewöhnen, was uns im späteren Verlauf unsers Trips zu Gute kommen wird. Die Fahrt durch New Mexico war wunderschön. Viel grüner und bewaldeter als erwartet. Definitiv empfehlenswert. Im Moment fahren wir Richtung Page. Wir melden uns bald wieder.