2017Alain MuellerComment

Rim2Rim II

2017Alain MuellerComment
Rim2Rim II

Unsere Wecker klingeln um 05:30 Uhr. Als wir verschlafen aus unseren Zelten kriechen, stellen wir fest, dass auf dem Zeltplatz schon reges Treiben herrscht. Richtige Hiker scheinen dem Spruch "Morgenstund hat Gold im Mund" zu folgen. Die Nacht war für uns alle mehr oder weniger erholsam. Geschlafen haben wir nicht wirklich viel, wir müssen uns wohl noch ans Schlafen im Zelt und mit unbekannter Geräuschkulisse gewöhnen.

Schnell packen wir unsere Siebensachen zusammen, machen eine kurze Katzenwäsche und bereiten dann unser Frühstück zu. Das funktioniert genau gleich, wie beim Abendessen: Beutel auf, heisses Wasser rein, rühren, warten, geniessen :-) So zaubern wir Scrambled Eggs wahlweise with bacon oder with ham, Breakfast skillet (eine Mischung aus Rösti, Rühreiern und Wurst) oder Granola auf die Teller - äh, in die Beutel natürlich.

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Um ca. 7:00 Uhr

sind wir abmarschbereit und machen uns auf die Socken. Wir folgen heute dem "River Trail", der uns auf 8.1km vom Indian Garden Campground zu unserer nächsten Station, dem Bright Angel Campground, bringt. Heute geht es nicht mehr so steil hinunter, sondern kontinuierlich ein bisschen bergab oder geradeaus. Im Gegensatz zu gestern, als die Landschaft uns durch die steilen, verschieden farbigen Felsen ganz klar an den Grand Canyon erinnert hat, könnten wir uns heute auch in einem Tal im Berner Oberland befinden: Die Landschaft ist felsig, aber begrünt, es gibt Tannen und ein kleines Flüsschen. Das Wetter meint es auch gut mit uns, es ist heiss, dank einigen grösseren Wolken am Himmel brennt die Sonne aber nicht mehr so erbarmungslos auf uns nieder wie gestern. Auch die zweite Etappe unserer Grand Canyon Durchquerung verläuft reibungslos und die heutige Strecke ist noch etwas einfacher als die Gestrige, so konnten wir den etwa dreistündigen Marsch durch die hübsche Landschaft richtig geniessen und erreichen unser Ziel, das Bright Angel Campground, noch vor dem Mittag.

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Im Campground

angekommen, suchen wir uns direkt ein schönes Plätzchen am Bright Angel Creek - einem Zufluss des Colorado Rivers. Nachdem wir unsere Zelte installiert haben, hüpfen wir in die Badehosen. Den ganzen Morgen haben wir uns auf diese Erfrischung gefreut! Mit Wonne waschen wir uns von oben bis unten mit den mitgebrachten, biologisch abbaubaren Shampoos und Duschgels. Auch unsere verschwitzten Kleider unterziehen wir einer ausgiebigen Wäsche im Creek - natürlich mit ebenfalls biologisch abbaubarem Waschmittel. Sauber geputzt wollen wir uns nun auch von innen her erfrischen und marschieren zur nahe gelegenen (0.5km entfernten) Phantom Ranch. Hier gibt es ein kleines Restaurant und unser Plan ist, ein Bierchen zu zwitschern und noch pro Person zwei "to go" einzupacken, von denen wir dann je eines heute und morgen Abend zum Znacht geniessen können. Dieser Plan geht jedoch nicht auf, denn es ist nicht erlaubt, Getränke ausserhalb des Restaurants zu trinken oder gar mitzunehmen. Die Enttäuschung ist zuerst gross, doch wir setzen uns erst mal mit einem feinen "Bright Angel IPA" hin, "schnützlen" eine Runde und hecken dann einen unglaublichen Plan B aus: Murielle holt an der Theke nochmals eine neue Runde Dosenbier, die wir am Tisch sofort in den mit grossen Taschen bestückten Shorts von Alain und Oli verschwinden lassen. Danach schlürfen wir noch eine Weile an unseren leeren Dosen der ersten Runde und verschwinden ruckzuck aus dem Restaurant, als die Bedienung sich kurz ins Lager zurückzieht. Wir freuen uns über unseren Trick als hätten wir im Lotto gewonnen und marschieren zurück zu unserem Lager.

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Dort angekommen,

fällt uns sofort ein Fehler im Bild auf: die Rucksäcke stehen wie beim Verlassen des Platzes auf den Bänken des Tischs, doch auf der Tischplatte liegt der vordere Teil eines Camelback-Schlauchs inkl. Mundstück. Mit seinem feinen Spürsinn findet Alain sofort heraus, was passiert ist: Ein Nagetier hat sich an Jenny's Rucksack zu schaffen gemacht, weil Jenny die Dörrfrüchte-Nuss-Mischung sowie Beef Jerky im Rucksack gelassen statt in der Nager-sicheren Metallbox zu verstauen. Der Nager muss die Esswaren gerochen haben und hat auf der Suche nach Futter den Camelback-Schlauch sowie den Aufhänger des Rucksacks durchbissen - an dieser Stelle sei erwähnt, dass Jenny den Rucksack kurz vor der Abreise noch extra für die Grand Canyon Wanderung erworben hat. Jenny, Oli und Murielle können sich vor Lachen kaum mehr einkriegen, währen Alain weniger amused ist. "Das ist hier kein Kindergarten, Jenny, wir befinden uns in der Wildnis!" lautet seine Ermahnung. Recht hat er, doch auch er wird das für einen kurzen Augenblick vergessen ... doch dazu mehr an Tag 3. Zurück zum Jenny's Camelback- Schlauch: Da sie den noch braucht in den nächsten zwei Tagen, flicken Jenny und Alain ihn, indem sie die Enden mit einem Feuerzeug anschmelzen, wieder zusammenfügen und mit Tape fixieren. Mal ehrlich; McGyver und Bear Grills wären stolz auf euch!

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Nach dieser

Aufregung ist es auch schon bald Zeit für die nächste Beutel-Mahlzeit, die wir ohne Bier-Begleitung geniessen, da wir unser mit ausgeklügeltem Trick erworbenes Bier am Abend vor der letzten Etappe geniessen wollen. Als es dunkel ist, kommen dank unseren UV-Lampen auch die Skorpione wieder zum Vorschein und bei einem Toiletten-Gang entdeckt Murielle noch eine grössere Spinne, die sie stolz dem Rest der Truppe zeigt. Wir wissen bis heute nicht, ob es eine Vogelspinne war...

Wie am Vorabend schlüpfen wir ca. um 20:00 Uhr bereits in unsere Zelten, um genügend Schlaf zu kriegen für den dritten Teil unserer Grand Canyon Durchquerung.