Scenic Byway 12

Scenic Byway 12

Am 30. Mai 2024 krabbeln wir früh am Morgen aus dem bequemen Bett, denn unser nächster Campingplatz ist First-Come-First-Serve und hat nur 14 Stellplätze. Ausserdem sind nur ein paar von diesen wenigen Plätzen für grössere RVs bis maximal 23 Fuss länge geeignet. Also verlassen wir den Capitol Reef National Park und den wunderschönen Fruita Campground auf dem Highway #24 in Richtung Westen mit etwas Wehmut.

Aber wir sind nicht lange traurig, da wir nur kurz auf auf dieser Strasse bleiben. Bald biegen wir links ab, die Zahl halbiert sich und - zack - schon sind wir auf dem fantastischen Scenic Byway #12, auf der Fahrt in das Gebiet des Grand Staircase Escalante National Monuments und dem Dixie National Forest.

Der Scenic Byway 12 in Utah, oft als eine der schönsten Strassen Amerikas bezeichnet, erstreckt sich über etwa 200 Kilometer durch eine atemberaubende Landschaft. Diese malerische Route führt durch das Herz des Red Rock Country und verbindet die beiden Nationalparks Bryce Canyon und Capitol Reef. Die Strasse schlängelt sich durch eine Vielzahl von Landschaften, darunter dichte Wälder, Hochwüsten und dramatische Felsschluchten.

Einer der Höhepunkte der Fahrt ist der Abschnitt entlang des „Hogback“, einer schmalen Gratstrasse mit steilen Abhängen auf beiden Seiten, die atemberaubende Ausblicke bietet. Das Grand Staircase-Escalante National Monument und der Dixie National Forest bieten beide zahlreiche Outdor-, Wander- und Erholungsmöglichkeiten. Kleine charmante Städte wie Tropic, Escalante und Boulder laden zu einem Zwischenstopp ein, um die lokale Kultur und Gastfreundschaft zu erleben.

Der Scenic Byway 12 ist nicht nur eine Strasse, sondern ein Abenteuer durch einige der beeindruckendsten Naturwunder des amerikanischen Westens. Die wechselnden Landschaften und die vielfältige Flora und Fauna machen jede Fahrt zu einem einzigartigen Erlebnis, das die natürliche Schönheit und die geologische Vielfalt Utahs eindrucksvoll zur Geltung bringt.

Das nennt man wohl einen Traumstart in den (Fahr-)Tag.

Nachdem wir

den Boulder Mountain Summit mit einer Höhe von 9‘606 Fuss (2‘928 M.ü.M.) überwunden haben, kommen wir unserem Ziel näher. Dies wird der höchste Punkt sein, denn wir mit unserer Josy überfahren, aber nicht der höchste, den wir mit unseren eigenen Füssen betreten. Dazu kommen wir aber in einem der nächsten Beiträge.

Als wir am Calf Creek Campground ankommen, herrscht auf dem angrenzenden Parkplatz schon reger Betrieb. Hier ist nicht nur Campen angesagt. Direkt vom Campground führt der Trailhead zum Lower Calf Creek Fall. Die Spannung steigt also und uns ist etwas Bange. Wir parken unser Gefährt und machen uns zu Fuss auf die Suche nach einem passenden Schlafplatz. Und siehe da: die Sorgen waren unbegründet und das frühe Aufstehen hat sich gelohnt. Wir ergattern die tolle Site #5, noch vor der Furt. Das ist auch etwas speziell an diesem Campingplatz: mitten durch den Zeltplatz verläuft der Calf Creek. Damit man zu den hinteren Plätzen und zum Loop kommt, muss man also den Calf Creek mit dem Fahrzeug durchqueren. Zumeist ist das kein Problem, da das Wasser nur Knöcheltief ist. Aber wie oben erwähnt, darf das Fahrzeug nicht zu lang sein, sonst setzt man mit dem Heck auf…

Wir füllen alle nötige Informationen aus, befestigen unsere Reservation am Campsite-Post und werfen den Umschlag mit dem genau abgezählten Betrag für die nächsten zwei Übernachtungen beim Eingang ein. Danach verlassen wir den Platz gleich wieder. Wir wollen noch eine Wanderung am Escalante River entlang machen.

Nach kurzer Fahrt

werfen wir uns in die Wanderausrüstung und packen etwas Proviant und Wasser ein. Der Einstieg in den Trail beginnt mit einer Flussquerung. Danach führt der Weg am Flüsschen entlang zum Escalante Natural Arch. Dabei bewegen wir uns teils unter schattenspendenden Bäumen, teils aber auch über sandige Abschnitte, welche an praller Sonne verlaufen. Es ist brütend heiss und wir laufen fast aus. Wie sagt ein Kollege von Alain so schön: „ig gschwiue hie!“

Daher probieren wir, den Fluss nicht nochmals queren zu müssen. Der Schatten auf der einen Ufer-Seite ist zu einladend. So kommen wir etwas vom Weg ab. Ausserdem haben wir die Rechnung nicht mit den sch….näggeligen Mosquitos gemacht. Da keine anderen Wanderer in der Nähe sind, sind wir leichte Beute. Also machen wir uns schleunigst auf ans andere Ufer und schauen, dass wir Land gewinnen. Die Wanderschuhe behalten wir an. Lieber nasse Schuhe und Füsse als Mückenstiche und Kratzattacken. Einen weiteren Vorteil haben die nassen Füsse jedenfalls: es kühlt schön ab ☺️

Wir sind wieder On-Route und kommen bald zum Arch. Danach wandern wir noch etwas weiter. Beim Umkehrpunkt sehen wir noch kleine Pueblos und einige Petroglyphs. Auf dem Rückweg nutzen wir die bereits nassen Füsse aus und wandern immer wieder etwas im kalten Nass vom Escalante River. Nach etwas mehr als sieben Kilometern kommen wir wieder am Trailhead an. Wir ziehen unsere Sachen aus und nehmen dann einen wohltuenden und erfrischenden Schwumm, picknicken und geniessen diese grüne Oase umgeben von roten Felsen.

Anschliessend gehen

wir zurück zum Camper. Dabei kommt Alain in den Sinn, dass es gleich nach der nächsten Kurve ein kleines Kaffee hat. Das Kiva Koffeehouse. Glück haben wir auch noch, es hat noch geöffnet. Zur Belohnung für die Wanderstrapazen holen wir uns also mal wieder einen geeisten Kaffee und Emma erhält eine selbstgemachte Zitronen-Limo.

Zurück auf dem Campground erkunden wir noch den Bach, welcher durch den Zeltplatz fliesst. Wir finden einen schönen, schattigen Platz und genehmigen uns dort ein kleines Apéro. Die Füsse baumeln dabei im kalten Wasser. Was für eine Wohltat! Vor dem Znacht entdeckt Emma noch einen kleinen Hasen im Gebüsch bei unserem Sitzplatz. Sie ist ganz aus dem Häuschen und stolz, hat sie das Häschen selber gesehen.

Am nächsten Tag geht es früh aus den Federn. Es ist Freitag und das Wochenende naht. Deshalb wollen wir die knapp 10 Kilometer lange Wanderung an den Lower Calf Creek Fall vor dem Trubel in Angriff nehmen. Der gut markierte Weg führt durch ein malerisches Tal entlang des Calf Creeks, vorbei an Felszeichnungen der Ureinwohner und beeindruckenden Felsformationen. Die Route ist relativ einfach, aber es gibt wenig Schatten. Zudem hat es ab und zu längere Abschnitte mit losem Sand. Dort kommen wir dann doch etwas aus der Puste. Der Höhepunkt der Wanderung ist der spektakuläre 126 Fuss (38 Meter) hohe Wasserfall, der in einen türkisfarbenen Pool fällt.

Wir lassen es uns natürlich nicht nehmen und springen ins 13 Grad °C kalte Wasser. Das tut richtig gut bei dieser Hitze. Danach geniessen wir diesen wunderschönen Ort ausgiebig. Emma spielt dabei unablässig am Wasser mit dem Sand. Wir können uns schwer lösen von diesem wunderbaren Plätzchen und machen uns daher erst nach einer längeren Pause auf den Rückweg.

Zurück auf dem

Campground lassen wir die Seele baumeln und gönnen den geschundenen Füssen eine Abkühlung im Calf Creek. Dabei gehen wir ein paar hundert Meter Bach-aufwärts im Wasser. Ein paar Runden UNO müssen auch noch sein und so vergeht die Zeit (leider) wie im Flug.

Nach der letzten Nacht auf diesem tollen Campingplatz fahren wir weiter in südwestlicher Richtung auf dem Scenic Byway #12. Die Fahrt verkürzen wir mit einem Frühstück im Kiva Koffeehouse. Das bestellte Essen ist zwar lecker, jedoch für den Preis doch etwas unspektakulär und dürftig. Wir haben irgendwie mehr erwartet. Allerdings schmeckt der Cappuccino vorzüglich. Danach fahren wir weiter nach Escalante, wo wir die nächste Nacht verbringen. Mitten im Ort kaufen wir im Griffin Grocery Store noch ein paar Dinge ein. Gleich dahinter entdecken wir einen Spielplatz mit Water-Splash. Leider ist das Wasserspiel ausser Betrieb. Emma hat trotzdem ihren Spass. Zudem nutzen wir die urbane Infrastruktur - sprich den Handy-Empfang - für ein paar Routen-Änderungen. Wir buchen einige Campgrounds oder Sites um und schauen, dass wir überall Strom-Anschluss haben. Die Wetteraussichten für die nächsten 14 Tage und mehr haben es in sich. Vom National Weather Service NWS werden für Teile von Arizona, Nevada und Utah Hitzewarnungen ausgesprochen. Wenn wir das Colorado Hochplateau nach dem Bryce Canyon National Park in Richtung Springdale (Zion National Park) verlassen, erwarten uns Temperaturen von 40 Grad °C und mehr. Momentan haben wir angenehme 25 bis 32 Grad °C.

Am frühen Nachmittag

trudeln wir unweit vom Städtchen selber im Escalante Petrified Forest State Park ein und beziehen unsere reservierte Site #17 mit Strom und Wasser für eine Nacht.

Der Escalante Petrified Forest State Park wurde 1978 gegründet. Der Park ist bekannt für seine versteinerten Baumstämme, die aus der Jurazeit stammen und etwa 150 Millionen Jahre alt sind. Diese versteinerten Bäume bieten einen faszinierenden Einblick in die geologische Geschichte der Region. Neben den versteinerten Wäldern bietet der Park auch ein paar kurze Wanderwege und den schönen Wide Hollow Reservoir.

Unsere Site liegt lediglich von einer Strasse getrennt direkt am See. Nach den zwei Wanderungen am Escalante River und am Calf Creek entlang kommt uns dieser State Park also sehr gelegen. Das Nachmittags-Programm besteht aus baden, baden und nochmals baden. Naja, zwischendurch noch ein Apéro, man gönnt sich ja sonst nix… 🤣

Nach der ruhigen Nacht juckt es Jenny in den Beinen. Wahrscheinlich hat sie schon Wander-Entzug. Während Emma und Alain noch schlaftrunken im Bett schnarchen, erkundet sie den kurzen Petrified Forest Trail, welcher - wie der Name des Trails vermuten lässt - direkt vom Campground zu den versteinerten Bäumen führt.

Als Jenny zurück ist, frühstücken wir und machen uns abfahrbereit. Auch heute müssen wir nicht weit. Der nächste Utah State Park ist nur einen Steinwurf entfernt. Obwohl wir nur 40 Meilen hinter uns bringen müssen, halten wir im überschaubaren Örtchen Cannonville kurz an. Wir gönnen Emma noch etwas Abwechslung auf einem kleinen Spielplatz, bevor wir wieder ein paar Wanderungen unter die Füsse nehmen.

Die Weiterfahrt

dauert nur 20 Minuten, danach kommen wir im Kodachrome Basin State Park an.

Der Park ist bekannt für seine farbenprächtigen Sandsteinformationen und seine einzigartige Geologie. Die markanten Felstürme und Felsnadeln im Park, auch als "Chimneys" bekannt, sind Überreste antiker hydrothermaler Aktivitäten. Seinen Namen verdankt der Park dem Diapositivfilm Kodachrome von der Firma Kodak. Das breitgefächerte Farbspektrum im Park bekamen Teilnehmer einer Expedition des National Geographic Society zu sehen, die das Gelände im Jahre 1948 erkundeten. In einem Artikel im National Geographic Magazin über diese Erkundung wurde das Gebiet Kodachrome Flat benannt. Im Jahr 1962 erfolgte dort die Gründung des Chimney Rock State Park, weil juristische Folgen bei der Verwendung des Markennamens befürchtet wurden. Einige Jahre später erteilte die Kodak Corporation die Genehmigung zur Verwendung des ursprünglichen Namens, so dass eine Umbenennung in Kodachrome Basin State Park erfolgen konnte.

Das Visitor Center ist super cool. Es hat neben WiFi-Empfang auch ein Getränke- und Food-Angebot. Draussen sind eine Kletterwand zum Bouldern und einige Liegen zum Chillen. Das i-Tüpfelchen ist jedoch die Gelateria. Zwar gibt es nur sechs bis sieben Sorten, aber Eiscreme ist Eiscreme. Mmmmmh 🤤

Wir fahren aber aus Platzgründen (es hat keine Parkplätze für Wohnmobile) gleich weiter zum Basin Campground. Für die nächsten zwei Nächte bleiben wir auf der Site #14. Danach satteln wir die Räder und düsen zurück zum Visitor Center. Das Gelati sparen wir uns für morgen, allerdings nutzen wir das Wifi und Emma die Kletterwand. Bei der Rückfahrt erkunden wir noch den kurzen Nature-Loop-Trail, damit wir nicht ganz aus dem Rhythmus kommen.

Am Abend

resümieren wir, dass der Campground und der Park wunderschön sind. Auch die Duschen erinnern eher an ein Spa-Hotel irgendwo am Thunersee. Allerdings hat es bei unserem Stellplatz ganz fiese, kleine Fliegen, welche sich an allen erdenklichen Körperöffnungen am Kopf erfreuen. Wir sitzen an unserer Tisch-Bank-Garnitur und wedeln unablässig mit den Händen. Von Weitem muss das ganz amüsant aussehen, wir nerven uns jedoch zunehmend und verlagern unser Apero und unser Znacht in die warme Josy. Die Hitze drinnen ist erträglicher als die sch*#@%  Biester draussen 🤬

Zum Glück kühlt es in der Nacht noch auf einstellige Temparaturen ab, so schlafen wir bei offenen Fenstern (zum Glück haben wir Fliegen-Gitter) ganz angenehm und sind am Morgen fit für eine längere Wanderung. Nach dem stärkenden Frühstück nehmen wir den Panorama Trail in Angriff. Diese Wanderung kann mit verschiedenen Loops erweitert werden. Und so erwandern wir die Secret Passage und die Cool Cove. Die Cool Cove ist eine Art grosse Höhle. Wie der Name verrät, ist es darin wirklich kühl und so nutzen wir diese Gelegenheit für ein Picknick. Beim Rausgehen sehen wir ein totes Häschen. Emma will für das leblose Tierchen etwas singen, damit es ihm im Rüebli-Himmel gut geht.
Beim Panorama Overlook sehen wir unser nächstes Ziel, den Bryce Canyon National Park. Dieser Park ist nur ein paar Meilen entfernt und der Kodachrome Basin State Park bietet eine schöne Fernsicht in diesen National Park. Nach etwas mehr als 11 Kilometern sind wir wieder beim Ausgangspunkt. Zu unserer Belohnung fahren wir wiederum zum Visitor Center und gönnen uns nun ein Gelati. 

Den restlichen Tag verbringen wir auf dem Campground und wieder im Camper (die Fliegen lassen grüssen). Ausserdem geniessen wir nochmals ausgiebig die geilen Duschen. Nach einer geruhsamen Nacht und einem kurzen Frühstück fahren wir noch zum Angel's Palace Trailhead. Dieser Trail ist gleich beim Campground-Eingang. Die zweieinhalb Kilometer-Wanderung bietet nochmals eine schöne Aussicht in den mit Spire- und Chemmey-versetzten State Park. Eine knappe Dreiviertel-Stunde später sitzen wir wieder in der Josy und verabschieden uns von diesem kleinen Juwel. Trotz der Fliegen war es wieder ein toller State Park mit eindrücklicher Natur. Aber nun freuen wir uns auf die Hoodoos im Bryce und sagen: Bye bye Kodachrome!